Rochus Aust ist seit dem WiSe20/21 der erste Artist in Residence der TH Köln. Er ist Installations- und Klangkünstler, Medienperfomer und Musiker.
Seine Residenz stellt Aust unter den Titel „Digitale Irritationen“. Diese bringt er in und neben der Lehre, mittels Zugängen hinsichtlich aktueller Kommunikations- und Interaktionsorte, durch künstlerische Ansätze zur Geltung.
Bisherige Zoomsessions:
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5 Fragen an Rochus Aust
Hast du ein besonderes Selbstbild von dir als Künstler?
Der moderne Hofnarr: Mir gefällt die Position ggf. auch Institution des aus „Aus-dem-System-Gefallenen“ oder des „Außerhalb-des-Systems-Agierenden“. Der, der nicht nur die Erlaubnis, sondern auch die Aufgabe hat, der Obrigkeit/Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und Kritik auszusprechen bzw. zu kreieren. Und der, der dafür als einziger nicht gehängt, sondern belohnt wird. Dass er dabei Kunst erschafft ist nur ein Kollateralschaden. „Im französischen Schachspiel hat der Narr („Fou“) gar die Rolle des Läufers im deutschen Schach.“ (Wikipedia, 22.02.2021, 10.42h).
Wie würdest du dein Weltbild beschreiben?
Alles unterliegt einer Kausalität (siehe auch die Geschichte vom völlig nackten Hausblockverwalter von Daniil Charms). Diese Kausalität ist aber fast überall völlig undurchschaubar und unverständlich. Deswegen haben die Einen Gott erfunden und die Anderen den Zufall. Fakt ist, dass alle immer noch auf der Erde herumtappen, als wäre sie eine Scheibe und darüber sprechen, dass sie ja nicht mehr eine Scheibe ist.
Ich glaube, dass sich mein Weltbild ständig und fließend verändert, mit jeder Begegnung, mit jeder Kommunikation, mit jedem Gegenstand/Zustand und deshalb tausche ich Gott bzw. den Zufall vorerst gegen die Behauptung ein und stehe damit immer am Anfang des jeweiligen Experimentes.
Meine grundsätzliche Frage ist: Wie hoch muss ich heute springen, damit sich die Welt unter mir wie genug weit gedreht hat, wenn ich wieder wie auf den Boden komme
Hast du einen persönlichen Bildungs-/und Weltenzugang? Wie machst du die Welt für dich erfahrbar?
Durch die Straßen laufen (im besten Falle nicht nur der eigenen Stadt) und dabei nicht nur auf den Boden/Handy schauen (aber auch).
Medien – welchen Fluch und welchen Segen haben diese virtuellen Welten?
Für die Beantwortung dieser Frage bin ich eigentlich zu voreingenommen, weil zukünftiger digital-grandpa. Ich bin allerdings sehr froh, dass ich durch die Gnade der frühen Geburt zuerst die echte Welt und danach die virtuelle Welt kennengelernt habe. Bei zukünftigen Generationen wird das bald umgekehrt sein und natürlich wird man vortrefflich im (digitalen?) Schaukelstuhl darüber streiten können, was denn nun „echt“ wirklich bedeutet.
Was macht es für dich attraktiv deine Arbeit grade im Hochschulkontext zu teilen?
Ehrlich gesagt: garnichts, bis ich an der TH angefangen habe.
Ich habe Hochschulen/Universitäten in meiner poststudentischen Zeit immer nur kennengelernt als Orte, an denen eigentlich viel möglich wäre, auch viel gewollt ist, aber die reale Umsetzung schnell in einem Wust aus Tagesgeschäft, Zeit- und Raum-traffic untergeht und – das war bislang die ernüchterndste Erkenntnis – dass dies für alle Beteiligten innerhalb des Systems Hochschule auch völlig ok war. Die Verschiebung oder/und Nichtrealisierung als erste und nicht als allerletzte Option. Man kann aber man muss nicht. Das hat mich schon immer irritiert. Außerdem hatte Hochschule in meiner Wahrnehmung selten etwas mit Wirklichkeit zu tun.
Wenn nun eine Hochschule (oder eine Firma oder ein think tank) eine Position als „Artist in Residence“ ausschreibt, wünscht sie sich (im besten Falle) jemanden, der von außen etwas hineinträgt, was es dort nicht gibt oder so nicht gibt.
Das habe ich als „Wirklichkeit“ interpretiert und das finde ich sehr spannend. Wenn ich also meine Wirklichkeit ein- bzw. mitbringe, ist das einerseits erstmal ein schlichter know-how-Transfer, andererseits aber auch ein komplexer Strukturtest in dem Sinne, ob die unterschiedlichen „Wirklichkeiten“ überhaupt miteinander/nebeneinander existieren/korrespondieren/kommunizieren können und was daraus dann entsteht. Und es ist auch ein Strukturtest auf beiden Seiten, was für mich wirklich „attraktiv“ ist. Das entstehende Produkt selbst steht nicht oder noch nicht im Vordergrund. Die Kunst wird als Orchidee eingepflanzt und endet als Seerose (oben Blüte unten Schlingpflanze).